Authentisch bleiben – trotz Rhetoriktraining

Mein Bekannter Tim, 31 Jahre alt, Hobby-Fußballer, arbeitet als Teamleiter im Vertrieb für spezielle Zerspanungsverfahren eines großen Mittelständlers. Vor ein paar Wochen leitete er mir ein Video weiter. Es zeigte Tim und seine Kollegin Susanne, wie sie auf einer Messe die Produkte des Unternehmens präsentieren. Dazu der Kommentar „Du bist doch Experte auf dem Gebiet :-). Magst Du mir dazu mal ein Feedback geben (gerne auch kritisch)?“

Die Präsentation war fachlich sehr stark, rhetorisch gut aufgebaut und Tim und Susanne waren super aufeinander abgestimmt. UND DOCH KONNTE ICH MIR EIN GRINSEN NICHT VERKNEIFEN. Während der Präsentation zuckten die Hände von Tim mit seinen Moderationskarten immer wieder nach oben in den Bauchbereich und seine Füße schienen im Boden einbetoniert zu sein.

Tim hatte um ehrliches Feedback gebeten. Ich lobte die Aspekte, die mir positiv aufgefallen waren. Und ich sprach die zuckenden Hände und die statischen Füße an. Es kam zu folgendem Dialog:

  • Tim: „Aber das haben die uns im Rhetoriktraining gesagt. Wir sollen die Hände immer im neutralen Bereich haben.“
  • Lisa: „Was ist denn der neutrale Bereich?“
  • Tim: „Na der Bereich zwischen Gürtel und Brusthöhe. Das wirkt wohl positiver.“
  • Lisa: „Aha, interessant. Und gab es einen Grund dafür, dass Ihr die Live-Vorführung der Zerspanungsverfahren im Hintergrund nicht für Eure Erklärungen genutzt habt?“
  • Tim: „Wir wollten nicht so viel rumlaufen, damit es nicht zu unruhig wird. Das war auch eine Regel aus dem Seminar: Immer aufrecht auf einer Stelle stehen und Ruhe ausstrahlen.“

Die meisten Techniken, Methoden und Tricks aus solchen Rhetoriktrainings sind sicherlich richtig und hilfreich. WIR SOLLTEN IN UNSEREN VORTRÄGEN ABER VOR ALLEM PRÄSENT UND AUTHENTISCH SEIN. Ein Verhalten wirkt dann authentisch, wenn es natürlich aussieht.

Das bedeutet nicht, dass wir uns nicht verändern können und mit unseren Gewohnheiten leben müssen. ES BEDEUTET ABER, DASS EINE VERHALTENSÄNDERUNG VIEL ÜBUNG BRAUCHT. Und zwar nicht nur in Live-Situationen, sondern vor allem auch im Praxisalltag, vor dem Spiegel oder mit der Videokamera.

Wie kann Tim es also schaffen, die Tipps aus dem Rhetoriktraining tatsächlich umzusetzen und in ein authentisches Verhalten zu überführen?

Er sollte sich zunächst die Techniken und Methoden heraussuchen, DIE ZU IHM UND SEINER PERSÖNLICHKEIT PASSEN. Er sollte sich überlegen, auf welche Art und Weise er diese umsetzen möchte und sich für den Anfang auf EINEN ASPEKT konzentrieren. Dadurch hat er in jeder Situation noch ausreichend Konzentration für das Wesentliche.

Tim möchte vor allem an seinem aufrechten Stand arbeiten. Er nimmt sich vor diesen aufrechten Stand in Zukunft auch in anderen Situationen zu üben z.B. wenn er im Aufzug steht – da gibt es auch einen Spiegel. Da Tim sich von Natur aus gerne bewegt, entscheidet er, dass er bei einem Vortrag aber nicht ausschließlich starr auf einer Stelle stehen möchte. Stattdessen möchte er zwischendurch auch mal seine Position wechseln – natürlich nur, wenn es gerade gut passt.

Mit diesem Vorgehen wird Tim im nächsten Vortrag ausreichend Konzentration für seinen Vortrag haben und kann auch den Zuhörern noch die notwendige Aufmerksamkeit schenken. ER WIRD DIE ZUHÖRER DURCH SEINE AUTHENTISCHE ART UND SEINE PERSÖNLICHKEIT GEWINNEN UND ÜBERZEUGEN. UND NICHT DURCH HÄNDE IM NEUTRALEN BEREICH!

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